Zweites März-Mitteilungsblatt des zur Sache! e.V. erschienen

Görlitz, 26. März 2014. Dr. med. Peter Gleißner und Joachim Paulick, Görlitzer Oberbürgermeister a.D., richten im aktuellen Mitteilungsblatt des "zur Sache!" e.V. wieder den Blick auf die Görlitzer Lokalpolitik. Der Görlitzer Anzeiger als unabhängige Plattform macht Informationen des zur Sache! e.V. - wie auch die von anderen demokratischen Organisationen in Görlitz zur Veröffentlichung bereitgestellten - zugänglich.

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zur Sache!: Gilt die Sächsische Gemeindeordnung noch in Görlitz?

Thema: zur Sache! e.V.

zur Sache! e.V.

zur Sache! e.V. ist eine Wählervereinigung, die am 16. Februar 2009 in Görlitz gegründet wurde.

Das nachstehende sowie zum Download bereitgestellte Dokument gibt nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder.

zur Sache! e.V.
Mitteilungsblatt März II 2014


Liebe Mitglieder,
sehr verehrte Damen und Herren,

dieses Informationsblatt unseres Vereins erscheint in der Zeit wichtiger Ereignisse in Görlitz. Wir wollen unseren Mitgliedern Informationen geben, die für die Beurteilung und Entscheidung anstehender Probleme wichtig sind. Unsere Bitte ist: Unterstützen Sie unsere Arbeit dadurch, dass Sie diese Informationen weitergeben oder uns wissen lassen, wer an diesem Mitteilungsblatt Interesse haben könnte

Inhalt

  1. E r i n n e r u n g e n
    Gilt die Sächsische Gemeindeordnung noch in Görlitz?
  2. Klage über Görlitz
  3. Mal wieder ein „bisschen“ Stadthalle
  4. Bürgerschaftliche Beteiligung in Görlitz
    eine iatrogene Krankheit
  5. Zusammenarbeit mit Breslau (Wrocław) oder
    eine ebenso undurchsichtige wie kostspielige Gemengelage
  6. Zentrum für Jugend und Soziokultur


1. Erinnerungen

Mit den Worten „Ceterum censeo“ beklagte vor 2000 Jahren der Stadtpolitiker Cato sorgenvoll Gefahren, die seiner Stadt drohten: "Wir müssen handeln!“. Gleiche Sorge treibt uns heute um, denn das "Dampfschiff Görlitz“ treibt durch Brackwasser in Richtung schon sichtbarer Klippen.

Das Kommunalamt besteht auf einem Nachtragshaushalt der Stadt, denn, so schreibt das weisungsbefugte Amt:

1. Die Leistungsfähigkeit von Görlitz ist nur noch 2013 gesichert
2. Die Schuldentilgung der Stadt ist in keinem Jahr ausreichend
3. Die Steuereinnahmen im Haushaltsplan sind zu hoch angesetzt
4. Die Haushaltsplanungen vermindern die Mittel der Stadt um 10 Millionen

"Höchste Zeit zu reagieren", werden auch Sie denken. Das erste wäre der Verzicht auf neue kostenträchtige Projekte. Das fiele auch leicht, denn zeitlich vor dem Nachtragshaushalt steht in Görlitz erst einmal eine "Haushaltssperre".

Auch sollte sich jede kluge und faire Verwaltung auf die Pflicht besinnen, am Ende einer Stadtrats-Amtsperiode nicht dem alten, sondern dem bald neugewählten Stadtrat die Entscheidung zu überlassen, ob ebenso teure wie umstrittene Investitionen sinnvoll sind. Der neue, nicht der alte Stadtrat muss für Fehlplanung und Schuldenlast geradestehen. Dieses Verfahren gebietet die "demokratische Fairness". Wir berichten zu diesem Problem unter 6. über die unbefriedigende 2- Millionen-Vorlage "Jugend- und Soziokulturwerk", die OB Deinege unbedingt noch vor den Kommunalwahlen durchsetzen will.

Sind solche Großplanungen am Ende der derzeitigen Amtsperiode aber wirklich nicht aufschiebbar, sollte diese Notwendigkeit klar begründet und der Bedarf mit sauberer Methodik nachgewiesen werden. Variantenvergleiche, also andere, vielleicht weniger kostenträchtige Möglichkeiten sollten bedacht und erörtert werden. Entscheidend: Es darf keine Vorlage im Stadtrat "kurz vor Toresschluss" noch durchgepeitscht werden, die nicht klar die Kosten und Folgekosten benennt, geprüft und beglaubigt durch die Fachbedienstete für das Finanzwesen der Stadt Görlitz. Auch das fehlt in der Vorlage "Jugend und Soziokultur Werk1" für die 77. Stadtratssitzung. Unbekümmert wird damit gegen den § 20 (4) der Geschäftsordnung des Stadtrates verstoßen:

"Über einen Finanzantrag, d.h. einen Antrag, dessen Annahme das Vermögen, den Schuldenstand oder den Haushalt der Stadt beeinflußt, insbesondere eine Ausgabenerhöhung oder eine Einnahmenminderung gegenüber den Ansätzen des Haushaltsplanes mit sich bringen würde, darf erst abgestimmt werden, wenn die Frage der Deckung geklärt ist. Für den Beschluß gelten Sachantrag und Deckungsantrag als unteilbar. Wird die Deckung ganz oder teilweise abgelehnt, so gilt auch der Sachantrag als abgelehnt. Als Deckung in diesem Sinn gilt eine vom Haushaltsplan abweichende Schätzung der Einnahmen oder Ausgaben nur dann, wenn sie im haushaltsrechtlichen Verfahren nachgewiesen werden kann."

Jedem Stadtrat ist nach fünf oder mehr Amtsjahren bekannt, dass Fördermittel des Freistaates für ein Projekt nur gegeben werden, wenn der Bedarf nachgewiesen wird, eine Planung und Ermittlung der Kosten inklusive Folge(Betriebs-)kosten für das gesamte Projekt vorgelegt und die Finanzierung der Eigenmittel der Stadt an Hand eines von der Rechtsaufsicht bestätigten Haushaltes nachgewiesen wird. Es ist also als Erstes der Stadtrat über alles zu informieren, um in der noch ausstehenden Beratung zum Nachtragshaushalt 2014 eine mögliche finanzielle Einordnung dieses Großprojektes zu diskutieren. Dabei sollte auch auf die 25-jährige Zweckbindung hingewiesen werden, die jeder Empfang von Fördermitteln zur Folge hat.

Auch weitere Vorlagen für den 77. Stadtrat erfüllen nicht diese vernünftigen und einleuchtenden Bedingungen für Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit. Aber auf Fragen gerade nach dieser Wahrheit meinte der Bau-Bürgermeister: "Was wollen Sie denn, es ist doch alles in Ordnung."

Das kann nur noch Sloterdijk parodieren: "Die Leugner des Klimawandels zeigen höhnisch auf den Schnee und sagen: Schau, gefrorene Erderwärmung.

2. Klage über Görlitz

Zu allem noch die bittere Klage über den Verfall der politischen Kultur im Görlitzer Stadtrat. Die Koalition unter den Herren Gleisberg (CDU) und Weidle (BfG) überlässt das Denken und Entscheiden dem Oberbürgermeister. Mit der Begründung, es gäbe nichts zu besprechen, werden Sitzungen des Stadtrates ohne Absprache mit den Stadträten vom Oberbürgermeister abgesagt. Über entscheidende Vorgänge in der Stadt unterrichtet er den Rat schlecht oder lässt ihn ohne Informationen. Und der Stadtrat nimmt das geduldig hin, als ob es den Auftrag der Sächsischen Gemeindeordnung (§27,5) nicht gäbe: “Der Stadtrat hat die kommunalpolitische Vorrangstellung. Er bestimmt die Richtlinien der Politik."

Herr Deinege hat in Görlitz inzwischen die Gemeindeordnung auf den Kopf gestellt. Heute entscheidet der politische Wille eines Einzelnen, des Oberbürgermeisters, welche Interessen die Stadt zu haben hat. Der Stadtrat hat mit seiner Mehrheitsfraktion unter Gleisberg (CDU) und Weidle (BfG) nur noch die Aufgabe, das abzunicken. Beide sind nach ihren Versprechungen im OB-Wahlkampf offensichtlich die Gefangenen ihres damaligen Kandidaten.

Dazu eine Frage: Was, glauben Sie, hält der Oberbürgermeister von einem, zwei oder drei Stadträten? Ich fürchte – nichts. Wäre es sonst möglich, dass erwachsene Menschen im Ehrenamt der Stadt vom OB am 17.03.2014 schriftlich eingeladen werden, mit ihm am 24.03.2014 Probleme des Jugendzentrums zu besprechen, am 21.03.2014 aber wieder ausgeladen werden, "auf Grund geringer Rückmeldung". Der Berichterstatter erinnerte sich an viele und auch sehr wichtige öffentliche Veranstaltungen der Stadt v o r Deinege, als der OB häufig mit nur einem oder wenigen Stadträten vorliebnehmen musste. Kein Termin wurde aus diesem Grund je abgesagt. Und so bleibt die Frage, wie viele Stadträte müssen sich melden, ehe der OB sie als Gesprächspartner ernst nimmt. Und es bleibt die zweite Frage: Wie und wo ist eine solche Einladung, so zu verfahren, überhaupt einzuordnen? Sowohl die sächsische Gemeindeordnung, die Hauptsatzung der Stadt Görlitz als auch die Geschäftsordnung des Stadtrates kennen nur eine Art des Zusammentreffen von Verwaltung (hier OB) und Stadtrat, nämlich die Sitzungen der Stadtrates und seiner Ausschüsse.

Nur so sind demokratische und transparente Verfahren garantiert.
Nur so wird der Minderheitenschutz gewährleistet.

Dann gibt es ein nachzulesendes Protokoll von jedem Argument der Stadträte wie der Verwaltung. Es gibt klare Vorgaben, dass Fragen, die nicht einmal sofort oder vollständig gelöst oder beantwortet werden müssen. Es darf nachgeliefert werden. Nur dann besteht auch eine Teilnahmepflicht für Stadträte.

Warum hat der OB als Vorsitzender des Stadtrates dafür nicht den von Ihm (ohne Beschluss des Stadtrates) abgesagten Sitzungstermin am 06. März 2014 genutzt. Das bleibt wohl sein Geheimnis. Man könnte aber auch Peter Sloterdijk zitieren: "Ich kann Chef. Der Leadership-Diskurs beruht auf der Suggestion, dass man alles lernen könne wie Basic English.“

In diesen Tagen kamen, nach langer Zeit der Untätigkeit – da in dieser in der Stadt nichts angefallen sein soll – plötzlich Packen beschriebenen Papiers vom OB zu den Stadträten: Wichtige Beschlussvorlagen, die sorgfältiges Studium, Nachdenken und verantwortungsvolles Entscheiden der zumeist berufstätigen Stadträte verlangen. Stoff, der für wochenlanges Studium reichte, soll in 10 Tagen entschieden werden. Denn die Sache muss wohl vor den Wahlen über die Bühne. Kann sich der Stadtrat eine solche Zumutung gefallen lassen?

3. Mal wieder "ein bisschen" Stadthalle

Stadtbekannt ist, dass die CDU unter Gleisberg einhellig zustimmte, als OB Paulick nach Gesundung des Haushaltes die Renovierung der Stadthalle vorschlug. Nicht ganz so bekannt ist, dass die gleiche CDU unter Gleisberg wenige Wochen später – nichts hatte sich an den Bedingungen geändert – mit gleicher Überzeugungskraft das Gegenteil verlangte. Noch einmal: Ohne dass sich das Geringste in der Stadtlandschaft geändert hatte, stimmte die CDU der Eingebung OB Deineges zu, auf 14 Millionen Fördergeld zu verzichten. Die Stadthalle muss zubleiben!

Ganz nebenher ein Opfergedächtnis: Ein verdientes Alt-Mitglied der CDU-Fraktion, der weiter für die Stadthallenrenovierung warb, wurde kaltgestellt. Er war wohl als einziger spirituell zu unterbelichtet, um OB Deineges Eingebungen zu erfassen. Nun werden Sie, vielleicht gelangweilt, sagen: Was wollen Sie? Die Tatsache, dass öffentlich gezeigte Zustimmung auf Publikumswünsche nur Heuchelei ist, die ist nun wirklich nicht neu.

Aber die Geschichte geht weiter. Es nahen die Kommunalwahlen und das Publikum wünscht weiterhin die Stadthalle. Also wieder ungeniert "rein in die Kartoffeln". Kann man aber erneut das genaue Gegenteil von Gestern fordern? Wie oft darf man irren? Verlegen kramte man im Seelenhaushalt der Partei und fand zwei ganz "neue" Forderungen:

  1. Wir brauchen eine neue bautechnische Untersuchung der Stadthalle
    (unser Hinweis: Sind die bisherigen noch zu zählen?)
  2. Kann der kleine Saal der Stadthalle einer Nutzung zugeführt werden?
    (2. Hinweis: Weil der sicherlich stehen bleiben wird, wenn alles andere bald zusammenfällt.)
Schon Karl Deutsch wusste: Macht ist das Privileg, nicht lernen zu müssen. Unsere Information an die CDU: Vielleicht hat aber das Publikum gelernt!

4. Bürgerschaftliche Beteiligung

Mit dem Begriff "iatrogen" belegt die Medizin Krankheiten, die vom Arzt verursacht werden. Dieser Begriff könnte bei den Beratungen des Stadtrates am Donnerstag von Nutzen sein.

Dort soll nämlich der 77. Stadtrat auf Anregung OB Deineges das Thema "Bürgerschaftliche Beteiligung" erörtern. Ein sogenanntes "Tempelmodell", auf dem Begriff "Transparenz" ruhend, täuscht vor, dass Bürger bei der Aufstellung des Haushaltes beteiligt werden können, dass Stadtteil- und ortschaftsbezogene Beteiligungen möglich sind und Vorhaben- sowie zielgruppenorientierte Beteiligung von Bürgern organisiert werden soll.

Mit dieser Vorlage will OB Deinege den Eindruck erwecken, der Stadtrat könne an der Sächsischen Gemeindeordnung vorbei Aufgaben abgeben, die dem Stadtrat durch Gesetz vorbehalten sind. Auch nach einem sicherlich langem Palaver wird es bei dem Trostpflaster – "zuweilen mitreden, nie mitentscheiden, zuständig für Banalitäten" – bleiben, ein höchst unbefriedigendes Ergebnis für die Bürger, welches erst recht Ärger verursachen wird.

OB Deinege, der sich damit zum Arzt stilisiert, erzeugt mit dieser Unzufriedenheit eine neue Krankheit. Er verkennt die richtige Diagnose. Und die war schon lange vor dem Tempelmodell bekannt: "Mangel an Transparenz". Das heißt: Vor jeder Mitarbeit steht das Wissen über die Arbeiter und die Arbeit?

Hier sollte der Stadtrat aktiv werden. Warum verweigern der Bürgermeister und viele Stadträte von CDU und BfG die Mitteilung an die Öffentlichkeit, welche Aufsichtsratsposten und Ämter sie bekleiden. Das wäre ein guter Anfang.

5. Zusammenarbeit mit Breslau (Wrocław)

Eine ebenso undurchsichtige wie teure Gemengelage Breslau feiert sich 2016 als europäische Kulturhauptstadt. Görlitz freut sich mit der Hauptstadt von Niederschlesien. Viele Görlitzer werden das schöne Ereignis sicherlich in Breslau mitfeiern.

Ein Stadtrat hat die Aufgabe, zu verhüten, dass das Vermögen seiner Stadt auf unklare Weise vermindert wird. Und so weckte Bürgermeister Wieler jetzt Verwunderung, als er begeistert den Stadträten mitteilte, die Stadt Görlitz könne Breslau aus diesem Anlass 245.000 EURO "zu Füßen legen". So viel kosten 10 "Installationen", was das auch immer sein wird, die ein polnischer Kurator nach eigenem Ermessen bei noch unbekannten Künstlern bestellen wird. Das geschieht ohne jede deutsche Beteiligung. Die Kunstwerke werden in Breslau ausgestellt und können später von Görlitz auch noch angekauft werden.

Woher das Geld kommt? Bisher wurden Gespräche ohne Zusagen geführt, so mit der Ostdeutschen Sparkassenstiftung oder der Sparkasse. Die Stadt Görlitz gibt 70.000 EURO, irgendwelche, noch unbekannte Stifter sollen 20 000 EURO beisteuern. Und ohne zu wissen, welche Gespräche Spendenzusagen bringen, soll der Stadtrat diese Büchse der Pandora öffnen.

Dem Berichterstatter machen zudem zwei Tatbestände nachdenklich. Was man auch immer über diese Zusage von 245 000 EURO an Breslau denkt, die Sache ist in sich schlüssig – ein begründetes "ja" oder "nein" zum Antrag ist möglich. Zwei wirklich "faule Eier" sind dieser generösen Gabe an Breslau eingefügt und gehören doch nicht hinein. Jede weitere Information wurde verweigert. Deshalb ist bösem Verdacht Tür und Tor geöffnet.

Nachdem Dr. Weidle (BfG) trotz mehrfacher Versuche es nicht erreichte, den Stadtrat auf die Zahlung von 13 000 EURO für eine Kunststoff-Salzstatue, Rest eines geplanten großen Denkmals, zu verpflichten, findet sich diese Statue nun plötzlich unter den 10 Instillationen, oder sie ist ein zusätzlicher Teil unseres "Geschenkes". Allerdings dürften die polnischen Kuratoren das Geschenk etwas süßsäuerlich entgegennehmen. Die polnische Seite hatte sich nämlich geweigert, auch nur 1 EURO für dieses "Objekt" zu zahlen.

Auch die zweite Frage kommt erneut "aufs Tapet". Sie wurde bisher mit Schweigen übergangen. Der Berichterstatter wurde gebeten, nachzufragen, ob unter den Künstlern die Ehefrau des Bürgermeisters Dr. Wieler war oder immer noch ist.

P.S.: In diesen Tagen hörte der Berichterstatter, dass 7000 m Fußwege in Görlitz in nicht zumutbarem Zustand sind (Kosten ca. 3 Mio. Euro, welche die Stadt "nicht hat"!).

6. Zentrum für Jugend- und Soziokultur

Vor seiner Wahl hatte OB Deinege einer kleinen Gruppe seiner jugendlichen Wahlhelfer ein großes Jugendzentrum versprochen. Sicher hatte er bei diesem Zusage nicht bedacht, dass es in Görlitz bereits eine vielfältige Vereinskultur jugendlicher Interessen gibt, die auf die Unterstützung der Stadt hoffen oder sogar auf sie angewiesen sind.

Das Haushaltsrecht schreibt vor, unter welchen Bedingungen der Stadtrat für ein neues Jugendzentrum 2 Millionen EURO genehmigen darf und Fördergeld beantragen kann. Das entsprach dem Anspruch des OB.

Diese Bedingungen heißen:

1. Bedarfserhebung
2. Betreiberkonzept
3. Projektkosten
4. Nachfolgekosten
5. Finanzierungssicherheit

Wie ernst die Verwaltung diese Auflagen in dieser Sache nimmt, zeigt der Vortrag zur Bedarfserhebung:

Der Bedarf wurde "partizipativ von und gemeinsam mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen der Stadt Görlitz durchgeführt".

Es folgen die Namen einiger Vereine von Görlitz. Und das war es dann – bei einem Millionenprojekt. Keine Zahlen, keine Demographie. Auf die Frage an den Oberbürgermeister, wie viele Jugendliche denn bei den Vorbereitungen für das Jugendzentrum mitarbeiten, wurde eine klare Zahl verweigert.

Über die Zuschüsse der Stadt liest man: "Da derzeit keine Einnahmen des Zentrums für Jugend- und Soziokultur vorliegen, lassen sich auch keine Aussagen über die Höhe des städtischen Zuschusses machen."

Hier kann man nur noch den Bundespräsidenten Lübke zitieren: "Trau, schau wem!"

Ihre

Peter Gleißner und Joachim Paulick


Kommentar

Wöllt´ man die Görlitzer Lokalpolitik ständig dem Kommentar unterziehen, bliebe die ganze Arbeit liegen. Aber zu Punkt 6 des obenstehenden Mitteilungsblatts muss ich doch eine Anmerlung loswerden.

"Zentrum für Jugend- und Soziokultur" heißt der Punkt - und benennt damit zugleich den Denkfehler: Dass es ein Zentrum für Soziokultur geben kann, mag sein und ist vielerorts bewiesen. Aber ein "Zentrum für Jugendkultur"?

Es gibt doch nicht die Jugend oder Jugendkultur an sich! Vielmehr zerfällt die Jugend in unterschiedlichste Szenen, die keinesfalls unter dem Dach eines einzelnen Hauses vereinbar scheinen!

Genau deshalb lebt Jugendkultur von der Förderung einzelner Projekte - sprich: Von Vielfalt. Wer das in einem Zentrum zentralisieren möchte, erinnert mich an alternde Berufsjugendliche wie einst Egon Krenz und Eberhard Aurich.

Fragt man heute Jugendvereine in Görliz nach dem Bedarf an einem solchen "Jugendzentrum", ist das "Ja!" ob des Förderungsbedarfs naheliegend. Eine funktionierende Jugend-Sozio-Kultur hat aber - siehe Dresdner Neustadt oder Leipzig-Connewitz (Werk II!) - primär stets einen privatwirtschaftlichen Aspekt.

So gesehen sollte die Förderung bestehender und sich entwickelnder neuer Strukturen, an denen Jugendliche und junge Leute Interesse haben, im Vordergrund stehen,

meint Ihr Fritz R. Stänker

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  • Quelle: red | Fotos: © Görlitzer Anzeiger
  • Erstellt am 25.03.2014 - 23:08Uhr | Zuletzt geändert am 26.03.2014 - 00:42Uhr
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