Görlitzer Seequerelen

Görlitzer SeequerelenGörlitz, 31. Januar 2016. Zum Streit, ob denn der Berzdorfer See zum Görlitzer See umbenannt werden solle – weitere Ideen sind Görlitzer Meer und Görlitzer Südsee – scheint der Stadtratsfraktion der Linkspartei jetzt der Kragen geplatzt zu sein: Unter dem schönen Titel "Streit um Seenamen kann jetzt nur noch von den Menschen selbst entschieden werden" emittierte sie gestern eine Pressemitteilung – als ob die Entscheidung je bei Hase und Fuchs gelegen hätte. Über eine rote Linie.

Abb.: So sieht es aus bei schönem Wetter Am Berzdorfer See (GörlitzerSee): Die Menschen lieben die Hitze am Strand, nicht die hitzigen Debatten
Foto: © Görlitzer Anzeiger
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"Bürgerbeteiligung ja, aber sie müssen schon meiner Meinung sein!" abgelehnt

Nun denn, zur seit Wochen köchelnden Diskussion um den Seenamen für das wassergefüllte Braunkohletagebaurestloch im Süden der Stadt Görlitz hat die linke Fraktion gestern erklärt: "Die große Koalition im Stadtrat hat ohne Not eine Entfremdung von Ortschaftsräten, Einwohnern und Interessierten Investoren am Berzdorfer See provoziert. Die Vorbereitung der Antragstellung im Stadtrat zeugten von der Weltfremdheit der Koalitionäre. Noch im Verwaltungsausschuss erklärten die Vertreter der Koalition auf Nachfrage, die Benennung 'Görlitzer See' sei mit den Bürgermeistern der Gemeinden besprochen und auch die Ortschaftsräte seien eingebunden. Dass unsere Nachfrage, berechtigt war, zeigte sich in der Reaktion auf den Antrag im Stadtrat. Die Koalitionsvertreter hatten offenbar miteinander reden und übereinander reden verwechselt."

Der bisherige Tiefpunkt der Debatte sei mit den Äußerungen des BfG Fraktionsvorsitzenden auf dem Neujahrsempfang erreicht worden, ätzen die Linkpolitiker weiter: "Dieser stellte klar, für die Koalition zählten nur die Meinungen von Investoren, nicht die der Bürger. Diese dürften zwar ihre Meinung sagen, gehört wird sie aber nicht, zumindest nicht ernsthaft."

Für die Linksfraktion ist damit nach eigener Darstellung eine "rote Linie" (wie passend) überschritten, sie mahnt: Görlitz habe sich Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung auf die Fahnen geschrieben und dies müsse somit auch handlungsleitend bleiben. "Wenn man sich gewiss ist, die besseren Argumente zu haben, dann muss man um Mehrheiten kämpfen. Eine Politik nach dem Motto: Bürgerbeteiligung ja, aber sie müssen schon meiner Meinung sein, darf es nicht geben."

Mirko Schultze, der für die Linken auch im Landtag sitzt, plädiert für ein geordnetes Meinungsbildungsverfahren: "Es gibt gute Argumente für eine 'Umbenennung' und es gibt gute Argumente, den Namen beizubehalten. Diese müssen jetzt auf den Tisch und diskutiert werden. Ich kann nur an den Oberbürgermeister appellieren, moderierend einzugreifen und ein Verfahren zu finden, welches nicht Besiegte und Sieger hinterlässt und so eine regionale Zusammenarbeit am See auf Jahre unmöglich macht." Sein Vorschlag ist die Bildung einer Planungszelle unter Moderation der örtlichen Hochschule. Im Ergebnis dieses Beteiligungsprozesses solle dann ein gemeinsamer Antrag aller Anrainer gegenüber dem Freistaat stehen.

Thorsten Ahrens hingegen, seines Zeichens der Vorsitzende der Linksfraktion im Görlitzer Stadtrat, setzt noch einen drauf: "Ich bin entsetzt darüber, wie sich das seinerzeit als Bürgerverein gestartete Bündnis in ihrer Koalition mit der CDU von den aktiven Menschen abwendet und damit auch den Grundgedanken ihres eigenen Vereins mit Füßen tritt. Darüber hinaus ist es für mich schwer verständlich, wie sich Grüne und die Piratin künftig in dieser Fraktion aufgehoben fühlen wollen, ohne ihre Reputation vollständig zu verlieren."

Was bleibt? Abtauchen!


Kommentar:

Warum wird die Görlitzer Stadtpolitik eigentlich nicht – einer Filmstadt würdig – als Doku-Soap vermarktet? Die spannende Dauerserie könnte glatt "Jahrmarkt der Eitelkeiten" heißen.

Allerdings ist es für den gemeinen Bürger gar nicht so lustig, wenn egogetriebene Lokalpolitiker voller Sendungsbewusstsein zwar glatt die Weltmeisterschaft im Weitspucken großer Töne gewinnen würden, die erlebte Realität aber weit abgeschlagen hinter der Spucke herhinkt.

Wie bei der verrammelten Stadthalle - ganz egal, ob Sanierung oder Abriss. Wie beim entwicklungsstagnierenden Berzdorfer See, der, mal nebenbei, dank weiterer Anrainergemeinden gar kein hundertprozentig Görlitzer See sein kann, wenn man nicht flunkern will.

Und wenn beide Baustellen (wenn sie dies nur wären!) dann auch noch (wie von Bürger Dr. Weidle auf dem BfG-Neujahrsempfang) in ihrer Rolle der Bedeutung für den Tourismus gegenseitig abgewogen werden darf man spekulieren, welche Einrichtung von der Frage "Was ist wichtiger?" als nächste getroffen wird.

Not tut ein intelligentes Projektmanagement, das zunächst bestehenden Bedarf befriedigt, sichtbare Fortschrittzeichen setzt und den Akteuren erlaubt, ihre Zielvorstellungen anzugleichen. Mit dem ersten Toilettenhäuschen am zweitgrößten See Sachsens, vor allem seiner technischen Betriebsbereitschaft, ist da ja im Jahr 2015 schon ein bahnbrechender Schritt gelungen. Visionen von hochwertigen Tourismusangeboten und Shopping am See kann man ins Spiel bringen, wenn die Basis stimmt. Bis dahin ist es noch ein gutes Stück Wegs.

Ich bin kein Freund des Visionen-Zitats von Helmut Schmidt. Aber aktuell gilt in Bezug auf die Tourismusvermarktungsmarketingstrategieideenausdenker für den Berzdorfer See: Vielleicht hatte er ja recht,

grübelt Ihr Fritz R. Stänker

Kommentare Lesermeinungen (7)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Links abgetaucht

Von Andreas Müller am 08.02.2016 - 21:39Uhr
Ging es hier nicht um die Linken? Und warum rührt sich keiner von denen?

Verschlusssache bleibt Verschlusssache und Fragezeichen bleiben Fragezeichen

Von Seensüchtiger am 07.02.2016 - 20:04Uhr
Klarnamen oder Inhalte? Die darunterstehende Spekulation, als möglicherweise sicherer Gehaltsempfänger auf der falschen Seite zu stehen, lenkt den Diskurs mit Nebensächlichkeiten auf Personen.

Die Stadt Görlitz muss nicht unbedingt Auftraggeber einer Bürgerausstellung zum Berzdorfer See sein, um deren Eröffnung im Rathaus abzulehnen. Sie könnte aber alles tun, dieser Ausstellung Raum zu verschaffen. Schließlich handelt es sich hier um eine Beteiligungsmethode bürgerschaftllicher Partizipation, zu der bisher kein Zugang möglich ist, was jederzeit nachgeholt werden könnte. Außerdem hat ja wohl dann die Hochschule die Möglichkeit, die Bürgerausstellung durchzuführen?

Formal sind unsere Abgeordneten wie auch Stadt- und Gemeinderäte nur ihrem Gewissen unterworfen. Der Planungsverband wird aber nicht durch Wahlen zusammengesetzt. In seiner Satzung wird das Stimmverhalten imperativ geregelt. Dort heißt es in § 7:
...
"(4) Die Vertreter eines Verbandsmitglieds können ihre Stimmen nur einheitlich abgeben; sie sind weisungsgebunden."
...

Derartigem Sprachgebrauch Kundige versicherten mir, dass nur ein Mandat des Stadtrats oder der Oberbürgermeister diese Weisung darstellen bzw. geben kann. Weder ein Gewissen, noch eine Verfassung. Da mache ich mir nun schon Sorgen, was und wie es bisher gelaufen ist. Oder erklärt es gar einiges?

Das altmodische Buhlen, man mag es negativ besetzen. Sorgen der Gastronomen und Bettenvermieter kenne ich aus erster Hand. Im Text geht es aber um die entscheidende Frage: Ist der See für uns da oder wir mit ihm für andere? Nach Jahren bleibt diese Frage ungeklärt. Auch ich habe meine Probleme, wenn der Blick immer nur nach Berzdorf geht. Inzwischen wird nun Vorwurf erhoben, dass weder die Insel der Sinne noch die Ferienhaussiedlung am Norstrand noch Deutsch-Ossig eine Chance haben, würde der See nicht umbenannt.

Ganz kompliziert wird es am Schluss: Das Motiv, wählen zu gehen, damit nicht schadenanrichtende Parteien die Stimmen einfahren, es taugt nicht und setzt den Wähler unter Druck, für das Versagen seiner Repräsentanten aufzukommen. Es mag mir nicht passen, was andere sagen, aber sie dürfen es. Überschreiten sie dabei eine Grenze, muss ich mich auf den Verfassungsschutz verlassen können.

Damit wir das Thema nicht verlassen: Warum hat die Stadt Görlitz mit der Veröffentlichung der Engelstudie außer den üblichen Lobpreisungen nicht angefangen, die Zukunft des Berzdorfer Sees nachdrücklich zu thematisieren? Warum entstand der Eindruck, dass die Bürger nicht beteiligt wurden und werden? Und warum wollen die "Bürger für Görlitz" diese Beteiligung vehement verhindern?

Ich hoffe auch, dass andere Leser mit Beiträgen weitab vom Facebook-Niveau verhindern, dass hier immer die Gleichen (mich eingeschlossen) das Wort ergreifen. Aber auch sonstige Klarstellungen würde ich gern lesen.

Der von den Steuern der anderen lebende Seensüchtige

Ostrakismus/Ostakrimos Dr. P. Sander

Von Prof. Dr. Joachim Schulze am 04.02.2016 - 11:39Uhr
Sehr geehrter Herr Dr. Sander,

da ich da Glück hatte, in unserem humanistischen Gymnasium Altgriechisch als Unterrichtsfach zu haben, sagt mir das etwas - aber für die geneigte Mitleserschaft möchte ich mal Wikipedia auszugsweise zitieren: "Im heutigen Sprachgebrauch hat sich Scherbengericht zu einem geflügelten Wort entwickelt, mit dem meist politisch motivierte Aktionen und Methoden bezeichnet werden, mit denen unliebsame oder unbequeme Personen ausgeschaltet werden sollen." Aha, das wünschen Sie sich also für den "OB und seinen Tross (?)" und den gesamten Stadtrat? Das gibt es nach Sächsischer Gemeindeordnung in zivilisierter Form übrigens alle paar Jahre - nämlich bei den Kommunalwahlen. Aber da Sie von Görlitz "seit Jahrzehnten" weit entfernt sind haben Sie ja keine Gelegenheit, daran teilzunehmen, geschweige denn, als Stadtrat selbst etwas für Ihre Stadt zu tun.

Wann waren Sie denn das letzte Mal in Görlitz? Was wissen Sie denn über die umgesetzten Vorhaben und Projekte der letzten Jahre und wie die Stadt im Vergleich zu den frühen Neunzigern heute aussieht (ich selbst bin seit 1995 hier)? Sanierung und z.T. Neubau von Schulen und Kitas, Sanierung von Straßen und Plätzen, Programme für den Umweltschutz, Familienbüro, Soziokulturelles Zentrum Werk 1 Grundsatzbeschluss Brautwiesenbogen etc. etc. Sie beschränken sich auf die Vorhaben, die noch nicht abgeschlossen, aber bereits in Arbeit sind: Sicherungsmaßnahmen an der Stadthalle, Bebauungspläne am See usw. Ja, es gibt noch was zu tun, aber das ist seit Gründung unserer Stadt so! Was Sie auch nicht sehen wollen, ist, dass der Stadtrat in fast allen Fällen/bei fast allen Projekten die Beschlüsse mit großen Mehrheiten gefasst hat, also (mit wenigen Ausnahmen einzelner Personen/Kräfte, die aber eben auch ihr Mandat durch die Kommunalwahlen hatten/haben) seiner Verantwortung für die Stadt und ihre Menschen durch kluge und zukunftssichernde Entscheidungen also gerecht wird. Auch mit meiner persönlichen Bilanz bin ich mit mir im Reinen - aber das führt jetzt wohl zu weit. Relevant ist doch weniger die eine oder andere "folkloristische" Einlage einer öffentlichen Sitzung sondern - um Altkanzler Kohl zu zitieren: "Entscheidend ist, was hinten dabei rauskommt". Und da inzwischen mehr Menschen (und keineswegs nur als Flüchtlingseffekt!) nach Görlitz ziehen als weggehen, scheint es so schlecht ja nicht zu sein.

Verschlusssache / Seensüchtiger

Von Prof. Dr. Joachim Schulze am 04.02.2016 - 08:50Uhr
Sehr geehrter Herr oder Frau Seensüchtiger,

wäre es möglich, sich an Debatten auch mit Ihrem Klarnamen zu beteiligen? Dann wüsste ich, mit wem ich auch mal direkt sprechen könnte - falls gewünscht. Ich muss schließlich auch zu dem stehen, was ich sage.

1. Mit dem erwähnten Hochschulprojekt hatte die Stadt Görlitz nichts zu tun = sie war nicht der Auftraggeber und konnte daher - wie Sie behaupten - auch nicht "die Veröffentlichung zurückziehen".

2. Die Görlitzer Mitglieder im Planungsverband sind keineswegs an "Vorab-Weisungen des OB gebunden", genau so wenig, wie das ein Stadtrat sonst ist. Das können Sie mir glauben, ich bin ja einer der Vertreter der Stadt im Planungsverband und außer dem Fall einer direkten Beauftragung durch den Stadtrat bei Entscheidungen nur meinem Gewissen, der Gemeindeordnung etc. und unserer Verfassung verpflichtet.

3. Sie können ja mal die in der Gastronomie/Hotellerie etc. tätigen Unternehmer und MitarbeiterInnen fragen, ob sie ihren Broterwerb als "Buhlen" betrachten - von "Buhlschaft" gar nicht zu sprechen. Vielleicht sind Sie persönlich ja in einer privilegierten Situation und Ihre Existenzsicherung ist vom wirtschaftlichen Wohlergehen in Stadt und Land weitgehend unabhängig. Das bin ich als Landesbediensteter ünrigens auch, aber ich ziehe andere Schlussfolgerungen durch Einsatz für Wirtschaftsförderung. Was ist verwerflich daran, sich um Touristen zu bemühen auf einem umkämpften Markt?

4. In einem Punkt gebe ich Ihnen Recht. Es wird Zeit, dass sich der Stadtrat als Ganzes eindeutig positioniert, wohin die Reise geht. Und es fehlt eine breite Debatte darüber, was Bürgerbeteiligung im Rahmen der repräsentativen Demokratie bedeutet und wie es mit einer (geteilten) Verantwortung von Beteiligungsformaten, sich Beteiligenden und den aus freien und geheimen Wahlen hervorgegangenen "Repräsentanten" (z.B. Stadträten) aussehen kann. Ich hoffe auch, dass die Debatte um den See nicht zur "Frustabladestelle" wird. Wäre doch auch schade, wenn Sie als offensichtlich engagierter Mensch bei den Wahlen das Feld anderen überlassen würden, die mit Sicherheit (siehe die von Ihnen erwähnte AfD, deren führende Leute an den Grenzen auf Frauen und Kinder schießen lassen wollen bzw. darüber fabulieren - zumindest auf "verständige Frauen") Schaden anrichten würden.

Die Linke und die offene Diskussion

Von Dr. P. Sander am 03.02.2016 - 11:20Uhr
Sehr geehrter Herr Prof. Schulze,

ich bin ein Görlitzer, der die Szene schon Jahrzehnte aus der Ferne beobachtet.

Ich bin immer wieder schockiert, wenn ich am PC zum Beispiel die Stadtratssitzungen verfolge, welch trauriges Niveau sich immer wieder unter anderem in den Redebeiträgen darstellt. Nicht eine Fraktion ist in der Lage oder Willens, die Stadt voranzubringen, dabei sind so viele Aufgaben zu lösen, siehe Stadthalle, Berzdorfer See, Straßenbahn, Berliner Straße usw.

Sie kritisieren die Linke zu recht, nur unterschlagen Sie, dass Ihr "Parteienbündnis" wie o.g. ebenfalls unfähig ist, etwas zu bewegen.

Das beste wäre einen "Ostrakismus" für den gesamten Stadtrat, einschließlich dem OB und seinem Tross, abzuhalten. Sie werden ja sicherlich wissen, was "Ostrakismus" bedeutet.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. P. Sander

Berzdorfer See: Fragen über Fragen

Von Seensüchtiger am 03.02.2016 - 10:21Uhr
Der See:
Schon an der Deutungshoheit über seine Existenz wird der Streit offenkundig: Ist es "unser" See, mit dem wir versöhnt werden mit jahrelanger Landschaftszerstörung und Umweltverschmutzung, der in uns die Erinnerung wachhält an das darin versunkene Dorf und gleichzeitig den Stolz darauf unterstreicht, was der Bergbau und die Energiewirtschaft geleistet haben zur Versorgung von Bevölkerung und Industrie mit Elektroenergie? Dann braucht es keine Namensänderung. Oder ist es ein See, mit dem wir Anrainer, Bürger, Menschen rund um den See um Touristen buhlen, deren Interessen für uns maßgeblich werden, um sie vom Urlaub hier tief im Osten zu überzeugen? Der See, den wir als Chance begreifen und mit dem wir (!) für andere (!) da sind? Dann wäre weniger erheblich, was uns der See bedeutet und wir hörten auf, unsere Wunden zu lecken.

Der Tourismus:
Folgen wir den Optimisten, die davon überzeugt sind, auch im November und Februar nennenswerte Gästezahlen am See erreichen zu können? Dann wären zunächst weitere Voraussetzungen zu schaffen, die der namhafte Experte schon benannte, wie z. B. keinerlei verbrennungsmotorbetriebene Freizeitaktivitäten. Schaffen wir das eine nicht, geht auch das andere nicht. Konzepte sollen entscheiden, nicht einzelne Investoren. Konzepte, die von der Bevölkerung getragen werden. Auch, wenn über sie im Vorfeld gestritten wurde, lässt sich ausmachen, welchem eine Mehrheit folgte. Mit welchem Recht legt Dr. Weidle die Urlaubsdestination als einzig anzustrebende Seezukunft fest? Wurde nicht vor kurzem noch abgestritten, dass diese Frage Naherholung versus Ganzjahresdestination überhaupt so gestellt werden darf? Musste sie erst Alt-IHK-Chef Puppe in die Presse bringen?
Solange der Stadtrat seine Vorstellungen zur wirtschaftlichen Entwicklung des Sees nicht öffentlich diskutiert (die Januarsitzung war kurz genug dafür, der OB hat die Tagesordnung in der Hand) und seine Vertreter nicht mit einem entsprechenden Mandat für den Planungsverband beauftragt, entscheiden diese entsprechend der Satzung gemäß der Vorab-Weisung des OB. Einer für alle. Und damit fühlen sich offenbar ja alle wohl.

Die Bürgerbeteiligung:
Dümmer kann man es kaum anstellen: eine Vorlage zur Bürgerschaftlichen Beteiligung einbringen und hernach die Meinungen derer, die nicht zur Gruppe der Investoren gehören, auf das Abstellgleis schieben. War nicht die Rede von einer spürbar neuen politischen Kultur in der Stadt Görlitz? Kauft euch eine Parkbank oder einen neuen Grill oder sponsert ein alternatives Hoffest, aber kommt nicht auf die Idee, euch ernsthaft einzubringen und was zu verändern. Wer hat hier Angst vor Partizipation? Zu wünschen ist den neu gewählten Görlitzer Bürgerräten, dass sie ernst genommen werden. Für einen Teil der Ortschaftsräte trifft dies offenbar nicht zu. Wer deren Stellungnahme einholt und diese dann ausdrücklich als überflüssig bezeichnet, erzeugt tiefe Frustration. "Die Bevölkerung von all dem zu überzeugen ist ein schwerer Weg." Warum haben sich die Bürger für Görlitz nicht vor geraumer Zeit auf diesen Weg begeben?

Und dann kommt die Linkspartei und macht, was sie kann und was sie immer tut: Sprüche. (Mirko Schulze beklagte zur Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZ Ausschwitz am 27. Januar 2016, warum denn erst ein Flüchtling vor dem Berliner Lageso sterben muss. Was passt, wird genommen.) Der Namensstreit soll nun von den Menschen entschieden werden. (Waren da bisher Unmenschen am Werk?) Die Hochschule wird ins Spiel gebracht. Die vor einem Jahr als studentisches Hochschulprojekt entstandene Bürgerausstellung zur Zukunft des Berzdorfer Sees, von deren Veröffentlichung die Stadt sich zurückzog (Warum?), wurde in ihrer digitalen Version zur geheimen Verschlusssache erklärt. Da soll es nun ausgerechnet die Planungszelle richten.

Misere mit Ansage
Der Vorschlag, bei der Seenamenfrage neue Wege bürgerschaftlicher Beteiligung rund um den ganzen See zu gehen, liegt dem OB und der Görlitzer Koalition seit mehr als zwei Jahren vor. Liegt halt, wo er liegt. Und dorthin wird auch das politische Interesse abwandern. Wenn wir Glück haben, landen die Enttäuschten nicht bei AfD und Co., sondern drücken nur die Wahlbeteiligung. Vielleicht gibt es für die zukünftig Gewählten eine Schmerzgrenze dieser, unter der sie ihr Mandat nicht mehr annehmen werden. Von mir gibt's kein Kreuz mehr.

"Nörgelnder und pessimistischer" (lt. Weidle) Seensüchtiger

Die LINKE und die offene Diskussion

Von Prof. Dr. Joachim Schulze am 02.02.2016 - 15:37Uhr
Eine offene Diskussion zu fordern, gleichzeitig auf der eigenen Webseite mit der kompletten Mitteilung dann die Diskussionsfunktion zu sperren, tja meine Herren Ahrens & Schultze, das offenbart mal wieder die Doppelbödigkeit und mangelnde Glaubwürdigkeit Ihrer Verlautbarungen.

Die ewige Litanei von der großen Koalition nervt einfach. Haben Sie etwas Inhaltliches zur Debatte beizutragen? Wie sehen denn Ihre Vorstellungen zur wirtschaftlichen Entwicklung des Sees aus und zu seiner Vermarktung? Wollen Sie (Ganz-)Jahresarbeitsplätze am See? Was ist Ihnen denn im Falle einer erforderlichen Güterabwägung wichtiger - Befindlichkeiten von die Rente genießenden Traditionalisten oder die wirtschaftlichen Interessen derer, die noch Geld für sich und ihre Familien durch lebendige Arbeit verdienen müssen? Dazu kein Wort von Ihnen, darum drücken Sie sich.

Sich hinter Planungszellen etc. in dieser Frage zu verschanzen hilft nicht weiter. Und: ja, ich fühle mich in der Fraktion Bürger/Grüne/Piraten wohl. Weil wir nämlich etwas bewirken für diese Stadt und ihre Menschen, während Sie außer Sticheleien nichts Materielles an politischen Erfolgen in dieser Stadt in den letzten Jahren erreicht haben. Zeigen Sie mir doch mal eine durchgesetzte politische Initiative/Beschlussvorlage, die von Ihnen gekommen ist. Gedanken um Reputation sollten Sie sich machen.

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  • Quelle: red | Kommentar: Fritz Rudolph Stänker | Foto: © Görlitzer Anzeiger
  • Erstellt am 31.01.2016 - 15:54Uhr | Zuletzt geändert am 18.08.2022 - 00:05Uhr
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