So war es in Görlitz – war es so?

So war es in Görlitz – war es so?Görlitz, 19. August 2020. "Görlitz, wie es einmal war" titelte der Görlitzer Anzeiger im Jahr 2011 einen Beitrag mit Fotos aus nach neueren Recherchen vermutlich dem Winter 1988/89, jedenfalls war das Quartier Büttnerstraße gerade abgerissen, wie die Schlammspuren auf einem der Fotos zeigen.

Wer solche Schatzkammern der Erinnerung besitzt, darf sich glücklich schätzen
Foto: © BeierMedia.de
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Fotos korrigieren die Erinnerung

 Fotos korrigieren die Erinnerung
Aus dem Beitrag "Görlitz, wie es einmal war": Blick zu Langenstraße über die Abbruchfläche zwischen Büttnerstraße und Langenstraße
Foto: © BeierMedia.de

Der Beitrag, der Bilder aus der sterbenden Stadt Görlitz – die unter der Herrschaft der Genossen der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands ums Haar zugrundegerichtet wurde – zeigt, wurde im Web ein Riesenerfolg. Hunderttausende interessierten sich für die Lebenswirklichkeit im real existierenden Sozialismus, für einen Zustand der Stadt, der heute undenkbar, ja völlig unmöglich scheint.

Es sind solche Bilder, die die menschliche Erinnerung, die dazu neigt, die Geschichte in einem milderen Licht erscheinen zu lassen, wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Doch oft genug sind es genau solche Alltagsbilder, die heute fehlen, wenn Kinder oder Enkel fragen: Sag mal, wie war das damals?

Digitale Bilder sind flüchtig

Doch wie ist das, wenn die Gegenwart im Bild festgehalten wird? Alltag, besondere Erlebnisse, Familie – fotografiert wird nahezu ausschließlich digital, oft nur per Handy. An Datensicherung denken dabei die wenigsten und wenn, dann wird eine Kopie gezogen und bestenfalls in der Cloud hinterlegt.

Digitale Fotos unterliegen einem hohen Verlustrisiko: Verlorengegangene oder kaputte Datenträger, unauffindbare Zugangsdaten, versehentliches Löschen und Überschreiben – und alles, woran man sich eines Bildes erinnert hätte, ist unwiederbringlich weg. Auch führt die riesige Flut an Digitalfotos dazu, dass später niemand mehr zwischen bedeutsamen Aufnahmen und Knipsbildern unterscheiden kann, die wichtigen Fotos gehen in der Flut belangloser Bildchen unter.

Die besten Fotos gehören auf Papier

Die andere Seite: Wie oft wurden Leute belächelt, die ausgewählte Familien- und Erinnerungsfotos in Fotoalben einklebten. Aber genau das sind die Erbstücke, die in den Familien die Generationen überdauern. An langen Winterabenden werden sie hervorgeholt und manche Eltern staunen darüber, wie wissbegierig die Kinder über die Jugend der Eltern sind. Wo habt ihr euch kennengelernt? Wie sah das aus, damals auf dem Campingplatz? Gibt es Fotos von eurer ersten Wohnung? Und wie haben eure Eltern gelebt?

In solchen Situationen wird ein gut geführtes Fotoalbum zum Familienschatz, quasi zu einem Fotoalbum für ewige Erinnerungen. Wichtig dabei ist, dass die Bilder auch beschriftet oder Blätter mit Informationen beigelegt werden. Wie heißen die abgebildeten Personen, sind es Verwandte oder Freunde? Woher kommen Sie, wann sind sie geboren, wann gestorben? Werden solche Daten nicht schriftlich festgehalten, sind sie in aller Regel spätestens schon in der übernächsten Generation vergessen.

Sicher kann man nicht alles für immer bewahren, dennoch sollte jeder Mensch ein Fotoalbum besitzen über seine Kindheit und Jugend und ein weiteres über seine Hochzeit und die eigene Familie. In einer Zeit, in der kaum noch Briefe oder Karten per Post verschickt werden, ist das gute alte analoge Fotoalbum oft genug das Einzige, was von einem Menschen bleibt.

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  • Quelle: red | Foto: © BeierMedia.de
  • Erstellt am 19.08.2020 - 17:47Uhr | Zuletzt geändert am 19.08.2020 - 18:10Uhr
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