Auf dem Mond mit Kamera-Technologie aus Görlitz?

Auf dem Mond mit Kamera-Technologie aus Görlitz?Görlitz, 20. Juli 2009. Während die Mondlandung vor vierzig Jahren in aller Munde ist, wird ein Detail gern übersehen: Die Technologie für die ersten Fotos von der Mondoberfläche könnte aus Görlitz stammen.

War es Görlitzer Technologie, mit der die ersten von Menschenhand gemachten Fotos auf dem Mond gelangen?
Foto: © BeierMedia.de
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Ein Umweg über Schweden

Die ersten Menschen auf dem Mond benutzen eine Hasselblad-Kamera, das ist ein 6x6cm (120 Rollfilm) Fotoapparat aus Schweden. Allerdings ist fast vergessen, dass die Hasselblad-Kameras der "Primarflex" aus der 1889 am Demianiplatz gegründeten "Werkstatt für fotografische Apparate Curt Bentzin" verdächtig ähneln. Bereits 1898 entstand bei Bentzin, der längst in die größere Werkstatt auf der Rauschwalder Straße umgezogen war, die berühmt gewordene Spiegelreflexkamera "Primar". Von der "Primarflex" wird seit 1912 gesprochen, die Primarflex II wurde von 1950 – zunächst im Primar-Kamerawerk-Görlitz, dann im VEB Feinoptisches Werk Görlitz (Meyer Optik) – bis 1954 gebaut.

Ausgerüstet waren die Kameras als Normaloptik mit "Tessar"-Objektiven, dem berühmten vierlinsigen "Adlerauge" aus Jena, sowie dem im Aufbau ähnlichen "Trioplan" (1:2,8/100mm) aus der Görlitzer Meyer-Optik.

Der Weg nach Schweden

Wie jedoch soll das Görlitzer Kamera-Knowhow nach Schweden gelangt sein? Dafür bestehen drei mehr oder weniger wahrscheinliche Überlieferungen.

    • Theorie 1: Das U-Boot
      Die Kamera soll aus einem vor Norwegen aufgebrachten U-Boot der faschistischen Kriegsmarine nach Schweden gelangt sein.

    • Theorie 2 spielt ebenfalls in der Zeit des Zweiten Weltkriegs
      Ein deutsches Flugzeug, dass eine Primarflex mitführte, soll im Jahre 1941 über dem neutralen Schweden abgestürzt sein. Die geborgene Kamera wurde vom schwedischen Militär an Viktor Hasselblad übergeben mit dem Aufrag, eine ähnliche Kamera zu bauen.

    • Die dritte Theorie
      fußt darauf, dass der junge Viktor Hasselblad von seinem Vater nach Dresden geschickt wurde, um sich in der aufblühenden fotografischen Industrie umzusehen. Es wird angenommen, dass er auch Curt Bentzin begegnete und eventuell sogar eine Weile bei ihm arbeitete. Wahrscheinlich hat Hasselblad, der ein begeisterter Vogelbeobachter war, die Primarflex sogar selbst benutzt. Als Viktor Hasselblad 1937 nach Schweden zurückkehrte und sein eigenes Fotogeschäft eröffnete, muss ihm die Primarflex noch gut in Erinnerung gewesen sein...

Möglicherweise baut Theorie 2 auf der Dresdner Zeit des jungen Hasselblad auf.

Zu erwähnen ist, dass auch die Sowjetunion mit den "Kiev"-Mittelformatkameras auf die Bauweise von Curt Bentzin und Viktor Hasselblad zurückgriff.

Fakt aber ist: In Görlitz wurde Kamera- und Optikgeschichte geschrieben.

Mehr:
Görlitz wird wieder Technologiestandort – ohne Kameraindustrie

Kommentare Lesermeinungen (4)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Primarflex

Von Weintaenzer am 05.04.2018 - 16:55Uhr
Ich glaube nicht an einem Zusammenhang beider Kameras. Das ist deutsches Wunschdenken. Bestenfalls gab es eine parallele Entwicklung.

Dass die Kiev 88 ihre Ursprünge in der Hasselblad 1000 /1600 steht in jedem Forum. Noch nicht mal dahin hat es der Verfasser geschafft.
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Anmerkung der Redaktion:
Der Beitrag ist in Bezug auf Rechtschreibung korrigiert, unter anderem die in der ursprünglichen Überschrift genannte "Primaflex", mit der sicherlich die einst in Görlitz hergestellte Primarflex-Kamera gemeint ist.

Weg zur Hasselblad

Von Walter Graupner am 07.11.2013 - 16:54Uhr
Lieber Herr Kollege, es sind interessante Thesen, die sie da vertreten.

Die Gegenfrage ist, wie nach dem Krieg eine fast baugleiche "Hasselblad" in Kiev hergestellt wurde, die als Saljut (seit1957), Zenit 60, Kiev 88 und letztendlich als Kiev B.I.G. six angeboten wurde, letztere bei Brenner-Fotoversand.

Der riesen Vorteil für den ehemaligen DDR-Bürger ist, dass die Kiev den Pentacon-Six-Anschluss hat. Offensichtlich gibt es da keine rechtlichen Probleme, denn die Kamera wurde schon früher über Versandhäuser in der BRD verkauft. Viele Teile sind austauschbar, wie das TTL-Prisma.

Walter Graupner
www.foto-graupner.de

Tessar

Von Robert Bauer am 11.08.2010 - 15:01Uhr
Ein kleiner Fehler hat sich leider eingeschlichen: Beim Tessar (aus dem Griechischen stammend) handelt es sich um einen Vierlinser. Das Trioplan ist Dreilinser.

Stimmt! Danke für den Hinweis. Die Wikipedia weiß unter dem Stichwort "Tessar" noch viel mehr Interessantes um diesen bedeutsamen Objektivtyp.
Die Redaktion

Primarflex / Hasselblad

Von Ulf Backenköhler am 18.04.2010 - 00:23Uhr
Dazu gibt die Hasselblad - Webseite einen entsprechenden Hinweis:

http://www.hasselblad.de/ueber-hasselblad/geschichte/nicht-nur-voegel-ziehen-am-himmel.aspx

Viele freundliche Grüße!

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  • Erstellt am 20.07.2009 - 22:45Uhr | Zuletzt geändert am 13.03.2020 - 11:02Uhr
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