Legales Kulturdoping abgelehnt? PEN - zu wenig?

Görlitz-Zgorzelec. Als Reaktion auf den Beitrag der Sächsischen Zeitung vom 8. Juni 2007 unter dem Titel „Großmann: Bürger können PEN holen“ veröffentlichte das Görlitzer Rathaus am 8. Juni 2007 eine Pressemitteilung, der wir nachstehend im Wortlaut wiedergeben.

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Pressemitteilung aus dem Görlitzer Rathaus

OB fordert mehr Engagement für heimische „Sorgenkinder“

(zu SZ am 08.06.2007, „Großmann: Bürger können PEN holen“)

Oberbürgermeister Joachim Paulick äußerte heute den Wunsch, freie und offensichtlich noch akquirierbare Mittel aus Privatwirtschaft und Bürgerschaft nach Möglichkeit auf tatsächlich bedürftige Bereiche des öffentlichen Lebens zu lenken.

„Wenn es für Herrn Großmann kein Problem ist, kurzfristig 10 T€ plus Spesen aufzutreiben, dann wäre das beispielsweise immerhin schon die ‚halbe Miete’ für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes unserer über 70 Görlitzer Sportvereine und damit insbesondere den Fortbestand der Angebote im Kinder- und Jugendsport.“ so der OB.

Und er ergänzt: „Ich gehe davon aus, dass der Bürgermeister für Sport, Bildung, Jugend und Soziales in der Lage ist, Prioritäten zu setzen und abzuwägen, wofür zusätzliche Mittel primär und dringender benötigt werden.“

Bei der jüngsten Sportkonferenz im Görlitzer Rathaus, zu der knapp vierzig Vertreter des Breitensports anwesend waren, wurde gegenüber Oberbürgermeister Joachim Paulick ein finanzieller Mehrbedarf von rd. 20 T€ angezeigt, um den Fortbestand aller Görlitzer Sportvereine abzusichern. Die Gründe hierfür liegen in den gestiegenen Betriebskosten für die Nutzung der Sportstätten. Die Erhöhung von Wassertarifen und Strompreisen machen auch vor gemeinnützigen Vereinen nicht halt.

Besagtes Finanzproblem ist auch Herrn Bürgermeister Großmann seit zwei Monaten bekannt. Er weilte am 17.04.2007 unter den Gästen der Sportkonferenz.

Was die effektive und gewinnbringende Vermarktung der Stadt anbetrifft, so sieht Paulick „diese erst dann als gegeben, wenn mehr Gelder in die Stadt hinein fließen als aus ihr heraus.“ Ein derartiger Mehrwert in Form einer außenwirksamen Gegenleistung war aus der Anfrage des PEN-Clubs nicht abzulesen. Die bloße Anwesenheit einer Gruppe von mehr oder weniger prominenten Schriftstellern in Görlitz reiche ihm nicht aus, um von einer ‚Steigerung des Bekanntheitsgrades der Stadt’ zu sprechen: „Das ist mir zu wenig“.


Kommentar:

Was macht einen Oberbürgermeister sympathisch? Eine jugendlich-zupackende Art. Geradlinigkeit. Auch in der Krise zu eng vertrauten Mitarbeitern stehen. Strategisches Denken.

Wenn aber Äpfel mit Birnen verglichen werden, so wie der erhöhte Finanzbedarf der Görlitzer Sportvereine und die eventuelle Unterstützung für die Jahrestagung des PEN, der wichtigsten Schriftstellervereinigung, dann gehen Sympathie-Punkte verloren.

70 Sportvereine brauchen 20.000 Euro. Hätte im Durchschnitt jeder nur 30 Mitglieder (eine völlig aus der Luft gegriffene, wohl aber nicht unrealistische Zahl), wären das je Sportsfreund weniger als 10 Euro pro Jahr, knapp 80 Cent im Monat. Das sollte doch als Mehrbelastung für ein intensiv gepflegtes Hobby drin sein, oder?

Andererseits: Warum muss der PEN eine Tagungsstadt um 10.000 Euro angehen? Bestimmt nicht wegen er Bedürftigkeit seiner Mitglieder als Ganzes. Vielleicht aber, weil die Tagungsstadt vom Jahrestreffen tatsächlich profitiert.

Und da wären die 10.000 Euro wirklich gut eingesetzt. Für eine ganzseitige Imageanzeige in einer der großen Illustrierten legt man nämlich locker ein Mehrfaches dieser Summe hin. Wenn 120 PEN Autoren etwa 50 öffentliche Lesungen in Görlitz halten - gar nicht auszurechnen, wer da noch anreisen würde, wer berichten würde - das wäre legales Kulturdoping für die Stadt.

Und wenn Bürger und Institutionen spontan bereit sind, sich an dieser Summe zu beteiligen - wohlan!

Es geht um Kultur, liebe Ex-Kulturhauptstadt-Bewerberin - Du weißt noch, was das ist? Trotz Deines Alters hattest Du doch nie Anzeichen von Alzheimer.

Hol´ Dir den Kultur-Schuss, es wird Dir verdammt gut tun,

glaubt Ihr Fritz Stänker




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  • Quelle: /red | Kommentar: Fritz Stänker | Foto: MS
  • Erstellt am 08.06.2007 - 17:13Uhr | Zuletzt geändert am 08.06.2007 - 18:03Uhr
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