Wilde Werbung auf der Straße

Wilde Werbung auf der StraßeGörlitz, 16. Februar 2007. Man findet sie immer wieder im Stadtbild: PKW-Anhänger, die offenbar nur zu Werbezwecken auf öffentlichen Straßen abgestellt werden. Auf ihren Planen prangt meist in großen Buchstaben Werbung für Dienstleistungsfirmen oder Fahrschulen. Dürfen die denn das? Die Straßenverkehrsbehörde sagt nein.

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Görlitzer Straßenverkehrsbehörde kündigt Kontrollen an

Görlitzer Straßenverkehrsbehörde kündigt Kontrollen an
Andre Länder - andre Sitten: Auch dieser Bus wäre in der niederschlesischen Metropole wohl "eine auf die Straße aufgebrachte verkehrsfremde Sache", würde er gut sichtbar und nicht nur kurzzeitig geparkt
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Die Rechtslage zu diesem Thema, so argumentiert die Straßenverkehrsbehörde, sei eindeutig: Es ist zwischen "straßenverkehrsrechtlich zulässigem Parken" und - es grüßt das Land der Dichter und Denker - "einer auf die Straße aufgebrachten verkehrsfremden Sache" zu unterscheiden.

Aber der Reihe nach: Das Abstellen eines zugelassenen und betriebsbereiten Kraftfahrzeuges oder Anhängers auf einer zum Parken zugelassenen öf­fentlichen Straßenverkehrsfläche ist erst einmal grundsätzlich ein straßenverkehrsrechtlich zulässiges Parken und damit eine Benutzung der Straße im Rahmen des straßenrechtlichen Gemeingebrauchs. Anhänger ohne Zugfahrzeug dürfen dabei nicht länger als zwei Wochen geparkt werden.

Eine andere Sichtweise ist jedoch bei Fahrzeugen gebo­ten, die allein oder überwiegend zu einem anderen Zweck als dem der späteren Wiederinbetriebnahme „geparkt" wer­den. In einem solchen Fall liegt eine über den Gemeingebrauch hin­ausgehende Sondernutzung der Straße vor. Damit wird das Fahrzeug zu einer auf die Straße aufgebrachten verkehrsfremden „Sache". Derartige Vorgänge fal­len aus der Widmung zum Verkehr und damit aus dem Gemeingebrauch heraus, da sie nicht zum Zwecke des „Verkehrs" geschehen

Dies ist etwa der Fall, wenn die Straße trotz einer schein­bar äußerlichen Teilnahme am Straßenverkehr zum alleini­gen oder überwiegenden Zweck der Werbung benutzt wird. Der Verkehrsraum wird dann zu verkehrsfremden Zwecken in Anspruch genommen. Das Fahrzeug verliert seine Ei­genschaft als Transportmittel und wird allein als Reklamefläche verwendet. Es besteht daher in der Recht­sprechung der Grundsatz, dass der Einsatz von Werbefahrzeugen den Gemeingebrauch überschreitet und eine straßenrechtliche Sondernutzung darstellt. Dies gilt sowohl für reine Werbefahrten mit Kraftfahrzeugen oder Anhängern als auch für das Abstellen eines Kraftfahrzeuges bzw. eines Reklameanhängers zu Werbezwecken.

Anhaltspunkte für die Beurteilung, ob ein Fahrzeug als Werbeträger auf einer öffentlichen Straße ab­gestellt ist, sind unter anderem: die technisch-kon­struktive Bauart des Fahrzeugs (etwa ein zum Transport ungeeigneter Anhänger), die Gestaltung der Werbebe­schriftung (Größe, Erkennbarkeit während der Fahrt), die Wahl des Abstellortes (etwa an einer stark befahrenen Straße mit hoher Werbewirkung), die Ausrichtung der Werbung zur Straße (längs oder quer zur Fahrbahn), die Entfernung zur Wohnung oder zum Be­triebssitz, die konkrete Dauer der Aufstellung und Ähnli­ches mehr.

Bei der Frage, ob und wo Außenwerbung angebracht werden soll, kommt es für den Werbenden neben der Verfügbarkeit einer Fläche im Wesentlichen auf die entstehenden Kosten an. Werden Kraftfahrzeuge als Werbefläche genutzt, tritt der Wert der geschaffenen Werbeflächen deutlich hinter dem Wert der Werbeträger, der Fahrzeuge, zurück. Sie allein zu Werbezwecken vorzuhalten wäre also unwirtschaftlich, so dass davon ausgegangen werden kann, dass vorübergehend abgestellte Fahrzeuge mit Werbeaufdrucken in erster Linie zu verkehrlichen Zwecken genutzt werden. Anders liegt es bei geringwertigen Automobilen (wie etwa einem Trabant). Diese werden häufig als "reine" Werbeflächen am Straßenrand eingesetzt. Ähnlich verhält es sich bei Pkw-Anhängern. Auch diese weisen im Vergleich zu sonstigen Fahrzeugen einen geringen Verkehrswert auf, so dass ihr Einsatz zu Werbezwecken bei wirtschaftlicher Betrachtung vorteilhafter als die Anmietung einer ortsfesten Werbeanlage ist.

Nach dem Sächsischen Straßengesetz und der Sondernutzungssatzung der Stadt Görlitz ist eine Erlaubnis Voraussetzung für die Sondernutzung der Straße, d.h. für PKW-Anhänger, die zu Werbezwecken auf öffentlichen Straßen abgestellt werden, bedarf es grundsätzlich einer Erlaubnis.

In den meisten Sondernutzungssatzungen von Städten und Gemeinden wird die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für Werbeanhänger aber prinzipiell ausgeschlossen, da eine Werbung ebenso auf den im öffentlichen oder privaten Raum zur Verfügung stehenden Werbeflächen ohne Beeinträchtigung des Gemeingebrauches der Straße und des ohnehin knappen Parkraums erfolgen kann. Außerdem besteht für jeden Gewerbetreibenden die Möglichkeit, die erlaubnisfreie Werbung an Kraftfahrzeugen zu nutzen, die im Rahmen des Gemeingebrauchs am öffentlichen Verkehr teilnehmen.

Die Straßenverkehrsbehörde wird sich in den nächsten Wochen verstärkt dem Thema Werbeanhänger widmen und Kontrollen durchführen. Halter von Werbeanhängern müssen damit rechnen, neben kostenpflichtige Beseitigungsverfügungen, Kostenbescheide für unerlaubte Sondernutzungen zu erhalten, denn nach der Sondernutzungssatzung werden auch für ungenehmigte Sondernutzungen Gebühren erhoben.

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  • Quelle: /TEB /Fotos: © BeierMedia.de
  • Erstellt am 16.02.2007 - 02:26Uhr | Zuletzt geändert am 25.01.2021 - 12:29Uhr
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