EU-Unterstützung für Gedenkort gegen Vertreibung in Görlitz-Zgorzelec

Brüssel | Görlitz-Zgorzelec. EU-Parlaments-Präsident Hans-Gert Pöttering befürwortet die deutsch-polnische Initiative in Görlitz/Zgorzelec zur Aufarbeitung von Flucht, Vertreibung und Zwangsaussiedlung. „Ihre Initiative begrüße ich ausdrücklich, da sie einen Beitrag zur Überwindung der Grenze zwischen Deutschen und Polen leisten kann. Die Europastadt Görlitz/Zgorzelec ist zweifellos aufgrund ihrer Lage ein sehr geeigneter Ausgangspunkt für diesen Brückenschlag“, formuliert der EU-Parlaments-Präsident in einem Schreiben an die Bürgermeister der beiden Städte.

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EU-Parlaments-Präsident Pöttering befürwortet deutsch-polnische Initiative zur Aufarbeitung von Flucht, Vertreibung und Zwangsaussiedlung

Die Europastadt Görlitz/Zgorzelec hat in den vergangenen Wochen eine deutsch-polnische Initiative zur Einrichtung eines Forschungs-, Erinnerungs- und Dokumentationszentrums zu Flucht, Vertreibung und erzwungener Aussiedlung in Görlitz/Zgorzelec gestartet und wirbt unter der Bezeichnung „Gemeinsames Erinnern“ in beiden Staaten für eine transnationale, grenzüberschreitende Bearbeitung dieser Thematik.

Prominente Politiker und renommierte Wissenschaftler aus beiden Ländern haben sich in der Vergangenheit bereits für den Standort Görlitz/Zgorzelec ausgesprochen und auf die Signalwirkung dieser Wahl hingewiesen.

Zusammen mit bedeutenden Fürsprechern aus Deutschland und Polen möchte die Europastadt eine breite gesellschaftliche Zustimmung für das Projekt gewinnen und in die Konzeptionen der Bundesregierung und des Europäischen Netzwerks Erinnerung und Solidarität mit einbezogen werden. Dabei steht die gemeinsame deutsch-polnische Arbeit an dem Themenkomplex im Vordergrund.


Weshalb gehört der Gedenkort gegen Vertreibung nach Görlitz-Zgorzelec?


Seit Januar 1945 ist die Stadt durch das Schicksal der deutschen und polnischen Vertriebenen, Flüchtlinge und Zwangsaussiedler geprägt. Die in Folge des 2. Weltkriegs geteilte heutige Europastadt hat einen extrem hohen Bevölkerungsanteil mit Zwangsmigrationshintergrund - rund 40 Prozent auf der deitschen, etwa 99% der Bewohner auf der polnischen Seite. Den polnischen Teil prägen heute Menschen und deren Nachfahren, deren originäre Heimat Zentralpolen, Ostpolen oder Griechenland war. Der deutsche Teil wird von Menschen schlesischer, sudetendeutscher und deutscher Herkunft bewohnt.

Bereits 1998 erfolgte die Proklamation der Europastadt Görlitz/Zgorzelec durch die beiden Stadtparlamente mit dem gemeinsamen Ziel, sich zu einer Stadt in zwei Nationen zu entwickeln.

Seitdem verzahnen sich Polen und Deutsche Schritt für Schritt immer besser - mittlerweile lässt sich eine beeindruckende Bilanz ziehen:

Die Stadtverwaltungen, Kirchen, Schulen, Krankenhäuser, Feuerwehren, Vereine und Initiativen arbeiten grenzüberschreitend zusammen. Anfang der 90er Jahre hat die deutsch-polnische Koordinierungskommission ihre Arbeit aufgenommen. Die Vertreter beider Verwaltungen informieren sich in diesem Gremium über Projekte und Vorhaben. Beispielhaft funktioniert die Zusammenarbeit insbesondere beim Umweltschutz. „Saubere Neiße“ und die grenzüberschreitende Hochwassergefahrenzonen- und Hochwasserinformationskarte sind praktische Beispiele dafür.

Bei der Sanierung der Zgorzelecer Uferpromenade erhielt der Zgorzelecer Stadtarchitekt Adam Cebula tatkräftig Unterstützung vom Görlitzer Stadtbildpfleger Peter Mitsching. Eine Stadtbuslinie verbindet die Stadtzentren in Görlitz und Zgorzelec miteinander. An historischer Stelle konnte im Oktober 2004 die wiederaufgebaute Altstadtbrücke für Fußgänger eröffnet werden.

Seit mehr als zehn Jahren gib es in Görlitz den deutsch-polnischen Kindergarten „Zwergenhaus“. In Kindereinrichtungen auf Zgorzelecer Seite können deutsche Kinder betreut werden. Die meisten Görlitzer Grundschulen bieten ab der ersten Klasse Polnischunterricht an. Zgorzelecer Schüler können das bilinguale, binationale Gymnasium in Görlitz besuchen und das deutsche Abitur ablegen.

Viele grenzüberschreitenden Projekte werden dabei von bürgerschaftlichem Engagement getragen. Ohne dieses Zutun wäre die Vielfalt der kulturellen und Bildungsangebote deutlich geringer. Großveranstaltungen wie der Europamarathon oder das Internationale Straßentheaterfestival ViaThea wären ohne ehrenamtliche Unterstützung nicht möglich. Auch die gemeinsame Bewerbung um den Titel „Kulturhauptstadt Europas 2010“ war ein weiterer Schritt zu einer Europäisierung des Alltages in der binationalen Stadt Görlitz-Zgorzelec.

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  • Quelle: /red
  • Erstellt am 03.11.2007 - 20:37Uhr | Zuletzt geändert am 03.11.2007 - 20:47Uhr
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