Mehr Einwohner in Görlitz dank Schwarmverhalten

Görlitz, 10. Dezember 2016. Städte erleben einen starken Zuzug, ländliche Gegenden werden immer dünner besiedelt: In einer Studie wurde das sogenannte Schwarmverhalten gemessen, bei dem insbesondere junge Erwachsene den Wohnort wechseln. Doch auch Rentner sind umzugsfreudiger als zuvor. Von diesem Trend profitieren Städte im Osten wie Görlitz ganz besonders. Die jüngeren Zugezogenen kommen unter anderem aus dem Hinterland sowie aus Polen. Die Schönheit und Attraktivität der Stadt und die vergleichsweise niedrigen Mieten sind starke Pull-Faktoren.

Abbildung oben: © Flickr "Paseando por la calle negra", Foto: Daikrieg el Jevi, Lizenz: CC BY 2.0 Bestimmte Rechte vorbehalten.

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Erschwingliche Wohnungen in Dresden und Görlitz locken Mieter an

Die Studie "Schwarmverhalten in Sachsen" von empirica hat ein besonderes Phänomen untersucht: die Umverteilung der sächsischen Bevölkerung, die zu leeren Landstrichen und vollen Schwarmstädten führt. Am deutlichsten wird das an den Städten Leipzig und Dresden, wo die Einwohnerzahlen stark gestiegen sind, obwohl die Einwohnerzahl Sachsens insgesamt gesunken ist.

Die Konzentration scheint nicht abzunehmen. Trotz der großen Beliebtheit etwa von Dresden, gibt es dort immer noch eine Vielzahl an Objekten, die erschwinglicher sind als in anderen Städten. Das zeigen die durchschnittlichen Mietpreise der freien Wohnungen in Dresden von "Grand City Property". "Diese Umverteilung der Bevölkerung zulasten fast aller Landesteile und zugunsten ausgewählter Städte nennen wir Schwarmverhalten", erklärt empirica-AG-Vorstand Prof. Dr. Harald Simons. Menschen würden sich wie ein Vogelschwarm verhalten, der sich in "ausgewählten Schwarmstädten" niederlasse.

Görlitz: umschwärmte Stadt

Dresden und Leipzig sind allerdings nicht die einzigen Städte, die diese Anziehung ausüben. Freiberg und Chemnitz haben eine ähnliche Wirkung. Dazu kommen Gemeinden im Umland von Dresden und Leipzig. Doch auch Görlitz profitiert von dem Trend, genau wie Meißen, Plauen, Pirna, Glauchau und Zwickau. Görlitz unterscheidet sich aber von den anderen Städten in einem Punkt: Da die Stadt im Krieg nicht zerstört wurde, ist sie mit ihrem mittelalterlichen Altstadtkern und den Gründerzeithäusern sehr schön und viele Gebäude sind gut erhalten.

Unter anderem deswegen ist die Neißestadt nicht nur bei jungen Menschen aus dem Umland, sondern auch bei Rentnern aus dem Westen beliebt. Hier haben sie finanziell gesehen etwas mehr von ihrer Rente, da das Wohnen im Vergleich günstiger ist und somit mehr für Reisen und Kultur übrig bleibt. Von der anderen Seite der Neiße ziehen außerdem Polen aus Zgorzelec herüber. Ein Grund dafür ist auch in diesem Fall die niedrigere Miete im Vergleich zur polnischen Nachbarstadt.

Seit 1990 war Görlitz stetig geschrumpft. 2014 hat die Stadt eine beachtliche Wende geschafft, da zum ersten Mal wieder mehr Menschen in der Stadt lebten als im Vorjahr. Dabei hatte die Zunahme an Flüchtlingen damals noch keinen so großen Einfluss auf die Einwohnerzahl wie heute. Doch unter den Deutschen ist die Zuwanderung immer noch geringer als die Abwanderung. Das Wachstum der Stadt speist sich demnach vor allem aus der Zuwanderung von Polen, die sich seit 2011 überall in der EU zum Arbeiten und Leben niederlassen können. Zur Zeit leben etwa 2.500 Polen in Görlitz.

Entwicklung nicht für alle positiv

Während sich Gemeinden wie Görlitz großer Beliebtheit erfreuen, leiden andere Regionen unter der Anziehungskraft der Schwarmstädte. Nämlich insbesondere diejenigen, in denen die Abwanderung groß ist und wo kaum neue Einwohner hinzuziehen. Der VDW Sachsen spricht hier sogar vom "Ausbluten" einzelner Dörfer sowie Städte; vor allem Riesa, Grimma und Hoyerswerda / Wojerecy seien betroffen.

Das Problem liegt in den negativen Auswirkungen der Abwanderung auf die regionale Infrastruktur wie Schulen, Bürgerämter und den Wohnungsmarkt, was wiederum die Attraktivität der Gemeinden noch stärker sinken lässt. Andere Gemeinden wie Borna, Bautzen, Mittweida und Bischofswerda können wiederum als "versteckte Perlen" bezeichnet werden: Obgleich die Einwohnerzahl wegen der Abwanderung in die Schwarmstädte insgesamt sinkt, gewinnen sie gleichzeitig Einwohner aus anderen Regionen hinzu.

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  • Quelle: red | Foto Schwarze Gasse: © Flickr "Paseando por la calle negra", Foto: Daikrieg el Jevi, Lizenz: CC BY 2.0 Bestimmte Rechte vorbehalten; Foto Obermarkt: © Görlitzer Anzeiger
  • Erstellt am 10.12.2016 - 13:07Uhr | Zuletzt geändert am 19.05.2018 - 04:42Uhr
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