Görlitz kann Vorbild für Umgang mit Asylbewerbern werden - Hilfe für die Kinder

Görlitz, 14. Februar 2015. Jetzt ist Menschlichkeit gefragt, die Vorurteile überwindet: In der neuen Görlitzer Außenstelle der sächsischen Asylbewerber-Erstaufnahmeeinrichtung soll besonders den Kindern das Leben erleichtert werden. Auch für die hier angekommenen Erwachsenen ist das ein gutes Signal, meint der Görlitzer Anzeiger.

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Kinderausstattungen bitte ans DRK!

Thema: Asyl in Görlitz und Umgebung

Asyl in Görlitz und Umgebung

Flüchtlinge aufzunehmen gebietet nicht nur das Grundgesetz, sondern muss gerade für Deutsche, von denen viele im Zuge des Zweiten Weltkriegs Flucht und Vertreibung selbst erlebten, eine Selbstverständlichkeit sein. Dennoch: Unproblematisch ist das Zusammenleben mit jenen, die Asyl begehren, nicht immer. Doch wer will unterscheiden zwischen "guter Flüchtling" und "schlechter Flüchtling"? Im Zweifel für den Angeklagten, dieser Rechtsgrundsatz muss auch gegenüber dem einzelnen Flüchtling gelten.

Dass die Erstaufnahme von Asylbewerbern nun auch in Görlitz erfolgt, ist über die Verantwortlichen und ehrenamtlichen Unterstützer in der Neißestadt völlig unerwartet hereingebrochen. "Wir haben damit gerechnet, dass es mehr Flüchtlinge werden, dass es so schnell und in dieser Art und Weise kommt, überrascht uns jedoch auch", bestätigt erklärt Romy Wiesner. Sie ist die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Görlitz und koordiniert in ihrem Job zugleich die Arbeit mit den im "Willkommensbündnis Görlitz" engagierten Ehrenamtlern.

In der Erstaufnahme bleiben Asylbewerber gewöhnlich höchstens für ein Vierteljahr. Für jene, die dann noch immer in Görlitz bleiben, will die Stadt an der dezentralen Unterbringung, die sich nach Ansicht der Verwaltung und der Betreuer bewährt habe, festhalten.

Das Görlitzer Willkommensbündnis sieht in Görlitz gute Voraussetzungen, die Erstaufnahme der Asylbewerber bestmöglichst zu gestalten, so sei die neue Görlitzer Erstaufnahmeeinrichtung schon von seiner Struktur besser als viele andere in Deutschland.

Hier hat das Deutsche Rote Kreuz (DRK) vorbildliche Arbeit geleistet und für eine angemessene menschenwürdige Unterbringung jener, die bereits angekommen sind, gesorgt. Und das Willkommensbündnisses sieht sich durch die neue Situation in seiner Initiative bestätigt.

"In enger Absprache mit den Organisationsteam des DRK vor Ort wollen wir da unterstützen, wo Hilfe notwendig wird“, setzt Wiesner auf eine gute Koordination aller Helfer. Zunächst aber solle den Aylbewerbern erst mal Zeit zum Ankommen und Sortieren gegeben werden.

Wie kann man helfen?

Fest steht, dass dringend Kinderspielzeug, Kinderbekleidung, Kinderbetten und Kinderwagen benötigt werden. Wer so etwas zu verschenken hat wird gebeten, sich mit DRK-Sozialbetreuerin Martina Gebauer in Verbindung zu setzen. Das geht am einfachsten per Tel. 03581 - 36 24 81 oder per E-Mail unter migration@drk-goerlitz.

Kommentar:

Als PEGIDA noch aufspazierte, hat mich ein Aspekt dieser Mitläuferbewegung stets besonders angeekelt: Dass in diesen Kreisen das Wort "Gutmensch" als Schimpfwort und Synonym für Dummheit gebraucht wurde.

Güte, Mildtätigkeit und Verzeihen sind aber in der abendländischen Kultur essentielle Grundwerte, für die mittlerweile auch die christlichen Kirchen einstehen, nachdem sie vor historisch gar nicht so langer Zeit selbst noch dazu neigten, Menschen zu foltern und abzufackeln, weil sie anderer Meinung waren, in ihrem Verhalten sich nicht in die reine Lehre einordnen ließen oder zum abschreckenden Exempel gemacht wurden.

So gesehen ist religiöser Terror mit Wurzeln in Europa noch nicht lange überwunden, vor allem, wenn man die religiös motiverten oder tolerierten Judenverfolgungen einordnet. Und wer will die Augen davor verschließen, dass Ausländer- und Judenhass noch immer bestehen und versuchen, salonfähig zu werden?

Auch wenn die heutige Generation der Deutschen nicht schuldbeladen ist, so hat sie doch aus der Geschichte der Nation heraus eine besondere Verantwortung für Verfolgte, Vertriebene und Verfemte,

meint Ihr Fritz R. Stänker

P.S.:
Neulich ist mir in einem sozialen Netzwerk ein Zitat von Alexander von Humboldt begegnet: "Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben."

Kommentare Lesermeinungen (2)
Lesermeinungen geben nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion, sondern die persönliche Auffassung der Verfasser wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zu sinnwahrender Kürzung vor.

Zustimmung

Von Gerhard Exner am 19.02.2015 - 22:13Uhr
Was sie schreiben, unterstütze ich voll inhaltlich.

Görlitz/Zgorzelec sollte unbedingt weltoffener werden. Die heute wieder prachtvolle, internationale Doppelstadt (ein hervorragendes Flächendenkmal!) braucht besonders Investoren, Jugend, Studenten aus aller Welt und Ausländer.
Nehmt die Ausländer gut auf, unterstützt sie auch beim Lernen der deutschen Sprache und versucht die Geeigneten in der Stadt zu behalten.

Der noch bestehende Leer-Stand sollte, zumindest im Rahmen der bestehenden Infrastruktur, planmäßig beseitigt werden.

Gerhard Exner aus Rand-Berlin

"Gutmenschen"

Von Joachim Trauboth am 17.02.2015 - 07:28Uhr
Es gibt viel zu tun in Görlitz:

- Görlitz und sein Landkreis sind Grenzregion und gehören mit zu den ärmsten Regionen Deutschlands.

- Viele junge Menschen haben die Stadt und die Region verlassen weil Chancen und Arbeitsplätze verloren gegangen sind.

- Inzwischen fehlen in der Region Facharbeiter auf der einen Seite. Es fehlen aber auch zukunftsorientierte neue Betriebe, die sich in GR ansiedeln

- GR ist zwar eine der schönsten Städte Deutschlands, hat aber den niedrigsten Kaufkraftindex.

- Der Altersdurchschnitt in GR liegt über dem im Bundesgebiet

Darum ist es ein wesentliches Ziel der Stadt - wie OB Siegfried Deinge noch auf dem Neujahrsempfang erklärt hat - Investoren und junge Menschen nach Görlitz zu holen.

Die Attraktivität einer Stadt ist abhängig von "harten" und "weichen" Faktoren. Zu den harten Faktoren gehören Verkehrsanbindung, Hebesätze, Grundstückssituation für Wirtschaftsansiedlung, Wohnungsmarkt etc. Zu den "weichen" Faktoren gehören das Image einer Stadt, das geprägt wird von der Schönheit der Stadt und der Landschaft, dem Freizeitangebot aber auch von den Sympathiewerten.

Im Zusammenhang mit den Pegidademonstrationen, Übergriffen auf Asylantenheimen und Asylsuchende in Sachsen haben wir gesehen, wie schnell eine Region als ausländerfeindlich und revanchistisch abgestempelt werden kann. Pegida hat unter anderem dazu geführt, dass ausländische Studenten ihre Studienplätze und ausländische Lehrkräfte und Ärzte ihre Stellen nicht angetreten haben.

Wir sollten in Görlitz noch stärker erkennen , dass ein weltoffenes Klima, eine durch Leistung belegte Mitmenschlichkeit, eine gewünschte und geförderte Internationalität zu den wesentlichen "weichen Faktoren" gehören, die eine Stadt für Unternehmen und Menschen attraktiv werden lässt.

Auch vor diesem Hintergrund sollte das das Anliegen des Willkommensbündnis gesehen werden, solchen Menschen, die auf Ihrer Flucht den Weg nach Görlitz finden, eine Heimat zu geben, in der sie sich Wohl fühlen und Lebensperspektiven entwickeln können. Wir werden sie zukünftig dringend brauchen. Dabei kommen der Integration und Bildung dieser Menschen eine ganz besondere Bedeutung zu.

Natürlich gibt es auch in Görlitz, wie in fast allen Regionen der Bundesrepublik, Menschen mit Ressentiments gegenüber Ausländern. Diese gilt es abzubauen.
Ein besonderer Aspekt unserer Arbeit im Bündnis ist, es ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Aspekte "weltoffen, hilfsbereit, menschlich" zu Werten werden, die von der Wirtschaftsförderung und der Tourismusförderung, den ansässigen Konzernen und den Bildungseinrichtungen argumentativ übernommen werden können. Damit reduziert sich Willkommenskultur in Görlitz nicht auf das angemessene Willkommen von Flüchtlingen. Es ist Ausdruck einer Herzlichkeit für alle Menschen die in unsere Stadt kommen - als Flüchtling, als Tourist oder als Investor. Görlitz ist sympathisch. Dafür liefert das Willkommensbündnis ein Beispiel.

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  • Quelle: red | Kommentar: Fritz Rudolph Stänker | Foto: 2allmankind, pixabay, Lizenz CC0 Public Domain
  • Erstellt am 14.02.2015 - 11:00Uhr | Zuletzt geändert am 14.02.2015 - 12:00Uhr
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