Offiziell: Görlitz ist familiengerecht

Görlitz | Bochum, 2. Juli 2014. Görlitz ist die erste sächsische "Familiengerechte Kommune" und die zweite in den fünf Bundesländern, die die alte Bundesrepublik größer gemacht haben. Das Zertifikat "Familiengerechte Kommune" wurde der Stadt Görlitz gestern nachmittag auf einer Fachveranstaltung in Bochum verliehen. Eigentlich wollte das Oberbürgermeister Siegfried Deinege entgegennehmen, doch den soll, wie man hört, das Zipperlein plagen, und so hatten der Projektleiter Sebastian Kubasch und die Gleichstellungsbeauftragte Romy Wiesner die Ehre, stellvertretend das Papier entgegenzunehmen.

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Zentrale Anlaufstelle für Familien soll in Görlitz entstehen

"Familiengerechte Kommune" sind neben Görlitz seit gestern sieben weitere Städte: Bochum, Cloppenburg, Düsseldorf, Landau, Lippstadt, Steinhagen und Waltrop.

Das Zertifikat ist kein immerwährender Schmuck, denn es wird erst einmal für drei Jahre verliehen. Nach einer jährlichen Evaluierung der in der Stadt umgesetzten Maßnahmen wird das Zertifikat bei Erfolg bestätigt.

Warum sich Görlitz dem Audit unterzogen hat, erklärt Oberbürgermeister Deinege: "Es ist unsere Pflicht, dem demographischen Wandel entschlossen entgegenzutreten. Wir wollen und werden deshalb besondere Anreize für Familien schaffen, sich in Görlitz niederzulassen und sich hier wohl zu fühlen.“ Diese Überlegung war die Grundlage für einen Stadtratsbeschluss im Dezember 2012 zur Durchführung des Audits "Familiengerechte Kommune“.

"Familie" war von diesem Moment an ein wichtiger Part der Görlitzer Stadtpolitik. Für die Begleitung zum Audit wurde ganz bewusst ein externer Verein, der Familiengerechte Kommune e.V. aus Bochum, gewählt. Er sollte einen objektiven Blick von außen auf Görlitz sichern. Außerdem konnte er Erfahrungen bereits zertifizierter Kommunen einbringen. "Wir werden künftig bei allen relevanten Stadtratsbeschlüssen diese auch nach Aspekten der Familiengerechtigkeit prüfen“, versprach Oberbürgermeister Deinege in Bezug auf die Zertifizierung.

Am 15. April 2014 hatte der Görlitzer Stadtrat eine verbindliche Zielvereinbarung beschlossen, in der 15 Ziele und Maßnahmen näher definiert wurden. An deren Umsetzung soll nun innerhalb der nächsten beiden Jahre gearbeitet wird. Damit das funktioniert, beschloss der Stadtrat auch, die erforderlichen Mittel in Höhe von 72.500 EUR pro Jahr in den Haushaltsplan 2015/16 einzustellen.

Zunächst soll in Görlitz eine zentralen Anlaufstelle für Familien entstehen, die voraussichtlich im 1. Quartal 2015 aktiv werden wird. In dieser Anlaufstelle sollen dann alle familienrelevanten Informationen zusammenlaufen und den Bürgerinnen und Bürgern transparent vermittelt werden. Das heißt, Familien können sich hier über Freizeit- und Behördenangebote, Betreuungsplätze sowie spezielle Beratungsangebote informieren und austauschen.

Diese von der Stadtverwaltung Görlitz betreute Anlaufstelle soll - so die Intentionen - ein wichtiger Netzwerkknotenpunkt für alle familienpolitischen Akteure sein. Unter anderem will man hier gemeinsam mit einem Träger (die Ausschreibung ist in Vorbereitung) eine Plattform für eine "generationsübergreifende Dienstleistungsbörse" entwickeln.

Spazieren gehen

Für den Herbst 2014 (ab September) sind als ein Ergebnis aus dem World Café des letzten Jahres themenbezogene Stadtspaziergänge ins Auge gefasst. Mitgehen sollen der Oberbürgermeister und/oder der Bürgermeister sowie Fachleute aus den jeweiligen Ämtern gemeinsam mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern bzw. Familien. Beim ersten Spaziergang sollen einige Schulwege genauer betrachtet werden.

Familienfreundlich wäre doch auch schon was wert?

Darauf hat Projektleiter Sebastian Kubasch eine Antwort: "Freundlichkeit bedeutet: Geben ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Gerechtigkeit bedeutet, etwas zu erhalten, was einem zusteht. Darüber hinaus beinhaltet das Wort aber auch die Chance, mitzugestalten und beteiligt zu werden."

Familien sollen in einer "Familiengerechten Kommune" unter Berücksichtigung ihrer heute so vielfältigen Bedürfnisse zu ihrem Recht auf angemessene Unterstützung kommen. Hierzu ist ein überparteilicher Ausgleich der Interessen unter Beteiligung der Familien erforderlich. Dabei geht es um die Grundhaltung, die Leistungen der Familien zu achten und sie bei ihren vielfältigen Herausforderungen nachhaltig zu unterstützen.

Ein Familienbegriff

Der nachstehende Familienbegriff wurde gemeinsam mit familienpolitischen Akteuren der Stadt Görlitz entwickelt und wird nun der weiteren Arbeit an den Maßnahmen und Zielen in puncto Familiengerechte Kommune zugrunde gelegt: Familie entsteht und ist dort, wo Menschen generationsübergreifend und verbindlich miteinander leben. Dies gilt vor allem für die Verantwortung in Elternschaft.

"Mit Familie meinen wir damit sowohl Kinder, Jugendliche, Erwachsene als auch Senioren. Daher werden sich unsere künftigen Maßnahmen an den Bedürfnissen genau dieses Personenkreises jeweils individuell orientieren", erklärt Projektleiter Sebastian Kubasch.

Mehr:
www.familiengerechte-kommune.de
Der Auditierungs-Prozess in Görlitz

Kommentar:

Familie sind also Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren - wer also nicht? Hängen die Kommunalpolitiker da nicht einem verstaubten Familienbegriff nach - oder setzen sie auf den neuen Trend zur Hochzeit und damit stabilen Bindung?

Familie ist, wenn Eltern für die Entwicklung ihrer Kinder Verantwortung übernehmen und wenn Kinder sich für ihre Eltern verantwortlich fühlen. Mit Lebensalter hat das wenig zu tun.

Schau'n wir mal, ob das geliebte Görlitz den Anforderungen moderner Familien gewachsen ist,

meint Ihr Fritz R. Stänker

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  • Quelle: red | Foto: © PublicDomainPictures / pixabay, Public Domain CC0
  • Erstellt am 01.07.2014 - 23:52Uhr | Zuletzt geändert am 02.07.2014 - 00:57Uhr
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