Das Zuhause im Fußabdruck

Görlitz, 15. Februar 2017. Görlitzer Senckenberg-Wissenschaftler haben gemeinsam mit internationalen Kollegen erstmalig die Fußspuren von Elefanten als Lebensraum für aquatische Tiere untersucht. Sie zeigen in ihrer kürzlich im Fachjournal African Journal of Ecology veröffentlichten Studie, dass sich in den Spuren der Dickhäuter erstaunlich viele Tierarten befinden. Die Wissenschaftler legen dar, dass Elefanten so einen bisher unbeachteten Beitrag als "Ökosystem-Ingenieure" leisten.
Abbildung: Ein Elefantenfußabdruck. Foto: © Senckenberg

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Mikrohabitate in Elefanten-Spuren untersucht

Wer mehr als 6.000 Kilogramm wiegt, hinterlässt Spuren. So geht es auch den afrikanischen Elefanten im Kibale-Nationalpark in Uganda. "Wir haben nun erstmalig untersucht, welche Tiere von diesen Fußabdrücken profitieren können", erläutert Dr. Viola Clausnitzer vom Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz. Die wassergefüllten Vertiefungen bieten einer erstaunlich vielfältigen Anzahl von wasserlebenden Makroinvertebraten einen Lebensraum. Bis zu 61 verschiedene Arten dieser mit bloßem Auge sichtbaren wirbellosen Kleinlebewesen aus 27 Familien hat Dr. Clausnitzer mit ihren Kollegen in den Spuren bestimmen können.

Hierzu hat das Team aus Portugal, Österreich und Deutschland dreißig natürliche, wassergefüllte Fußabdrücke untersucht und auch selber künstliche Spuren zu Testzwecken angelegt. "Uns hat interessiert, wie schnell die Löcher besiedelt werden, welche Tiere diese Mini-Habitate nutzen und wie sich die Zusammensetzung der Organismengruppen mit der Entfernung von natürlichen Gewässern ändern", so Dr. Clausnitzer weiter. Insgesamt 2.751 Proben seien in den dreißig Elefantenspuren genommen worden. Am artenreichsten waren Wasser- und Schwimmkäferarten in den Proben vertreten, am häufigsten fanden die Wissenschaftler Vertreter von Stechmückenarten.

Bereits nach fünf Tagen haben die Wissenschaftler in den achtzehn künstlich angelegten Fußabdrücken – etwa dreißig Zentimeter tiefe und breite Löcher, in die ein Eimer eingelassen wurde – 410 Organismen entdeckt. "Die Artenvielfalt nahm ab, je weiter unsere Testspuren von der Wasserquelle entfernt waren. Die Löcher scheinen demnach einigen Arten als sogenannte step stones zu dienen, über die sie sich ausbreiten können", schlussfolgert die Görlitzer Wissenschaftlerin und fährt fort: "Aber nicht nur die Lage der Abdrücke spielt eine Rolle, auch das Alter der Fußspuren und die sonstigen ‚Hinterlassenschaften der Elefanten machen sich in der Zusammensetzung der Fauna in diesen Mikro-Lebensräumen bemerkbar. Umso älter die Löcher waren, desto artenreicher war die Lebenswelt in ihnen, die Anzahl der Organismen nahm aber ab." Die Forscher vermuten, dass in den jungen Abdrücken Räuber-Beute-Interaktionen noch keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen: So gibt es zwar viele Tiere, aber die Vielfalt bleibt geringer.

Schon länger ist bekannt, dass Elefanten als "Ökosystem-Ingenieure" arbeiten. Sie reduzieren den Baumbewuchs und halten die Landschaft und für viele Tiere lebenswichtige Wasserlöcher offen. In ihrem Verdauungstrakt wandern Pflanzensamen über viele Kilometer und werden so verbreitet. "Wir haben nun gezeigt, dass der Schutz der bedrohten Dickhäuter auch für die kleinsten Organismen enorm wichtig ist", so das Fazit von Dr. Clausnitzer.

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  • Quelle: red | Foto: © Senckenberg
  • Erstellt am 15.02.2017 - 07:58Uhr | Zuletzt geändert am 15.02.2017 - 08:24Uhr
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